nne aus Stuttgart führte über Jahrzehnte hinweg ein zufriedenes Leben. Verheiratet, Eigenheim, zwei Kinder. Als der Nachwuchs aus dem Haus war, startete sie noch einmal durch. Sie erfüllte sich einen Traum, indem die ausgebildete Floristin mit Leidenschaft und gegen Geld die Gärten anderer pflegte und gestaltete. Bereits nach einem Jahr florierte ihre Selbstständigkeit und ihr Kundenkreis vergrößerte sich. Anne wuchs mit den Herausforderungen. Das letzte Mal fühlte sie sich so lebendig und glücklich, als die Kinder in der Grundschule waren. Die Bestätigung im Job tat ihr gut und dies genießt sie noch heute. Menschen hören ihr zu, nehmen ihren Rat an und loben sie. Immer mehr Zeit verwendet Anne für den Gartengestaltungsjob auf, sodass ihr Mann sich langsam vernachlässigt fühlt. Hatte er sich anfangs noch über die Mehreinnahmen gefreut, wird er inzwischen zunehmend mürrisch. Seine Unzufriedenheit teilt er Anne durch schlechte Laune und bissige Kommentare indirekt mit. Sie ist enttäuscht von ihrem Mann und geht ihm aus dem Weg. Ihr Job begünstigt dies. Irgendwann lässt es sich jedoch nicht mehr leugnen: Anne und ihr Mann stecken nach 40 Jahren in einer Ehekrise. Dies mag erstaunlich sein, aber es passiert häufiger, als viele denken.
Noch einmal das Schöne erleben
Für viele scheint es logisch, dass sich ein Paar nach einem Jahr trennt oder sich nach 2 Jahren die erste Ehekrise ankündigt. Für manche sind 7 Jahre die magische Zeit, wird doch vom verflixten siebten Jahr gesprochen. Tatsächlich lassen sich die meisten Paare erst nach 10 Jahren oder 15 Jahren scheiden. Ob ausgemachte Ehekrisen der Trennung vorausgingen, ist nicht bekannt. Dies lässt sich jedoch annehmen. Umso erstaunlicher mag es daher erscheinen, dass immer mehr Paare nach 20 Jahren Ehe oder gar mehr Jahren in einer Ehekrise stecken.
Nach 25 Jahren Ehe kam die Silberhochzeit und danach herrscht plötzlich dicke Luft im Haus.
Weshalb passiert das? Warum nehmen die Scheidungen von Paaren zu, die seit mehr als 30 Jahren oder 35 Jahren verheiratet sind? Ein häufiger Grund liegt gerade in dem bereits fortgeschrittenen Alter. In der Regel ist das Rentenalter erreicht. Aufgrund der erhöhten Lebenserwartung und dem hohen medizinischen Standard denken einige rüstige Senioren: „Ich habe noch gut 20 bis 30 Jahre vor mir. Möchte ich die wirklich mit diesem Partner verbringen? Ich möchte noch einmal im Leben etwas Schönes erleben.“ Die Sachen werden gepackt und raus geht es in die neue Freiheit der großen, weiten Welt. Tatsächlich geben einige Rentner genau dies als Ursache für ihre Trennung nach vielen Ehejahren an. Gleichzeitig wirkt der Grund jedoch verstörend. Wieso sollte ein Partner, der einen über Jahrzehnte hinweg begleitet hat, einfach verlassen werden? Lässt sich das goldene Rentenalter nicht auch gemeinsam genießen? Hinter der vordergründigen Ursache muss mehr stecken.
Aushalten bis fast zum Schluss
Paare, die nach 40 Jahren Ehe in eine Krise geraten, sehen sich einer veränderten Zeit gegenüber. Sie haben gemeinsam viel überstanden und oft Kinder groß gezogen. Scheidung war nie ein Thema, da sie nie eine Option gewesen ist. Der Nachwuchs stand im Vordergrund. Er sollte weder zum Scheidungskind noch zum Schlüsselkind werden. Stattdessen war es wichtig, die Familie intakt zu halten – koste es, was es wolle. Konflikte wurden unter den Teppich gekehrt. Frust wurde ignoriert. Durchhalten lautete die Devise. Das kann eine Weile gut funktionieren, denn der Verdrängungsmechanismus des Menschen ist groß. Darüber hinaus passt er sich leicht den Gegebenheiten an. Wozu etwas ändern? Es wäre viel zu kompliziert. Sind die Kinder aus dem Haus und gut versorgt, konzentriert sich das Ehepaar auf einmal verstärkt auf die eigene Beziehung.
Wie aus dem Nichts tauchen Versäumnisse in der Paararbeit der letzten Jahre auf.
Das Ehepaar kennt sich gar nicht mehr. Es weiß gar nichts miteinander anzufangen. Nun fallen die unschönen Eigenheiten des anderen deutlicher auf. Schnell poppt der Gedanke auf: Warum soll ich mich damit noch abfinden? Ich bin finanziell abgesichert, ich brauche meinen Partner nicht mehr. Vielleicht lohnt sich ein Neuanfang – ohne Stress und ohne Nörgeleien.
Da über Jahre hinweg unterschwellige Konflikte nie bereinigt wurden, können sie jetzt hochkochen. Oft ist es nun zu spät, die Ehe noch zu kitten. Wären die Konflikte nach 3 Jahren, 12 Jahren oder 13 Jahren Ehe besprochen und aus dem Weg geräumt worden, lägen die Chancen für eine Partnerschaft „bis das der Tod uns scheidet“ höher.
Hilfe, die Rente ist da
Nach 7 Jahren oder 13 Jahren Ehe tun sich ganz andere Probleme auf als nach einem oder eben 40 Jahren Ehe. Eine Ehekrise nach 40 Jahren fällt oft mit dem Renteneintritt zusammen. So sehr viele dieser Zeit auch entgegenfiebern und die schönsten Pläne machen, so schwierig kann sich der Renteneintritt gestalten. Personen, die sich stark durch ihren Job definiert haben, fühlen sich auf einmal leer.
Manche fallen gar in eine Depression und wissen nichts mit sich anzufangen.
Dies ist für die Partnerschaft belastend. Darüber hinaus hat das Paar nun mehr Zeit gemeinsam, was ebenfalls Konfliktpotenzial bietet. Auch hier offenbaren sich plötzlich Versäumnisse, die sich über die Jahre hinweg angestaut haben. Wer konstant an seiner Partnerschaft arbeitet und dem anderen zuhört, weiß wo er und wo das Paar gemeinsam steht. So lässt sich das Zusammenleben im Alter besser bestreiten.
Tipps für die Ehekrise nach 40 Jahren
Wie lässt sich eine Krise nach 40 Jahren bewältigen? Es scheint so einfach zu sein, eine Krise nach 5 Jahren Ehe zu überwinden, aber nach so langer Zeit? Auch das ist möglich. Ganz gleich, wie lange das Paar verheiratet ist, die Lösung liegt stets in Kommunikation und Verständnis. All dem ist ein ehrliches Interesse an dem Partner vorausgesetzt, denn nur so lässt sich auf den anderen optimal eingehen. Jedes Paar sollte für sich definieren, wo es in der Partnerschaft steht und in welchem Bereich Unzufriedenheit herrscht. Manche Paare sind beispielsweise mit klaren Rollenverteilungen, die einem archaischen Rollenverständnis entsprechen, sehr zufrieden.
Auf der anderen Seite entdecken manche Menschen mit der Zeit, dass sie aus den festgefahrenen Mustern ausbrechen möchten. Auch dies sollte ihnen ermöglicht werden. Wer etwas ändern will, sollte dies jedoch offen mit dem Partner besprechen.
Ansonsten fühlt sich dieser überrollt und versteht die Veränderung nicht. So ist es bei Anne und ihrem Mann. Er versteht nicht, warum seine Frau plötzlich so selten zu Hause ist. So wichtig kann der Job für sie doch nach seiner Meinung nicht sein. Sie sieht dies ganz anders. Sie fühlt sich wieder gebraucht und findet Gefallen an der neuen Wertschätzung. Für Anne wäre es wichtig, sich diesem Gefühl bewusst zu machen. Weiß sie um dieses, kann sie mit ihrem Mann offen darüber sprechen. Ihr Mann sollte Verständnis für ihren Wunsch haben und ihr gleichzeitig in Ruhe mitteilen, dass er sie oft im Alltag vermisst. Auf diese Weise ließe sich ein Mittelweg finden. Auch nach 40 Jahren Ehe hat sich ein Grundsatz nie geändert: „Nur einem Menschen, der spricht, kann geholfen werden.“
Obiges Konzept "Ehekrise nach 40 Jahren Ehe" auch als Infografik. Klicke auf den Lnk oder auf das Bild für einen großen PDF Anblick, und der Möglichkeit die infografik zu drucken. Hier findest Du alle unsere Ehekrise meistern infografiken.
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