n Deutschland gibt es die Elternzeit. Diese unbezahlte Auszeit vom Job soll es Eltern ermöglichen, für das Baby da zu sein und dennoch nicht den Arbeitsplatz zu verlieren. Der Arbeitgeber muss den Elternteil bis zu drei Jahre von der Arbeit freistellen und darf ihm nicht kündigen. Eine Lohnfortzahlung gibt es zwar nicht, aber dafür ist die Beantragung von Elterngeld möglich. Manche Eltern teilen sich die Zeit auf. Der eine nimmt sich ein paar Monate frei und dann passt der andere auf das Kind auf. In seltenen Fällen lassen sich beide vom Job befreien. Wie die Aufteilung im Detail auch aussehen mag, sie kann die Ehe auf ungeahnte Weise belasten. Erfahrungsberichte offenbaren ganz typische Konfliktherde, die sich aufgrund der Elternzeit herausbilden und sogar zur Ehekrise führen können. Wer sich darüber bewusst ist, kann sich davor aktiv schützen und es gar nicht erst zur Krise kommen lassen.
Die machen doch nur Ferien
Sabine und Kristof haben beschlossen, dass nur Sabine Elternzeit nimmt. Kristof ist auf dem Weg, Partner in der Kanzlei in Stuttgart zu werden, weswegen er nicht fehlen möchte. Sein Job ist stressig und nervenaufreibend, aber er möchte ihn gegen keinen anderen eintauschen. Seine Arbeitszeit beläuft sich auf rund zehn Stunden täglich. Manchmal setzt er sich noch am Wochenende an den Rechner oder liest wichtige Dokumente. Er erfreut sich an dem gemeinsamen Kind Max und hätte gern mehr Zeit für ihn.
Kristof hat immer ein schlechtes Gewissen, dass er dem Kleinen nicht hinreichend Aufmerksamkeit schenken kann.
Umso glücklicher ist er, dass Sabine sich so gut um den Jungen kümmert. Doch gelegentlich kommen bei ihm Gedanken auf, die sich in einem tiefen Gefühl der Unzufriedenheit, des Neids und Überforderung begründen. Er fragt sich, was Sabine und Max den ganzen Tag eigentlich tun. Babyschwimmen, Mutter-Kind-Yoga, Süppchen kochen, Mittagsschläfchen: Das Leben könnte kaum schöner sein! Warum Sabine am Abend ausgelaugt ist und noch immer keine Lust auf Sex hat, versteht er nicht. Nach einem besonders stressigen Tag in der Arbeit, kommt er nach Hause und gerät wegen einer Nichtigkeit mit Sabine in Streit. In diesem schnauzt er sie an: „Du machst doch nur Ferien!“
Jetzt bin ich nur noch Elternteil
Sabine hat sich bewusst für die Elternzeit entschieden, obgleich sie wie ihr Mann Kristof nach ihrem langen Jurastudium beruflich durchstarten wollte. Das muss nun warten. Sie ist einfach zu gern mit ihrem Kind zusammen und möchte die ersten Entwicklungsschritte von Max nicht verpassen. Mit Hingabe kümmert sie sich um den Kleinen und hat sich auf die Zeit sehr gut vorbereitet. Sie las zahllose Bücher, wie die ersten Monate des jungen Lebens am besten aussehen sollten. Ihre Konzentration lag komplett auf dem Kind, weshalb sie ganz vergessen hat, dass es auch noch sie selbst gibt. Als Max schließlich auf die Welt kam, veränderte sich alles. Jetzt dreht sich ihre Welt um den Sprössling. Wie schwierig es jedoch ist, sich selbst hinten anzustellen, hat Sabine nicht bedacht. Sie liebt Max, aber dennoch blickt sie manchmal neidisch auf das Leben ihres Mannes. Er darf sich im Job austoben, sein Wissen gewinnbringend umsetzen und mit Erwachsenen abends ein Glas Wein in schicken Restaurants trinken.
Sie hingegen darf die Babysprache anderer Mütter und Väter hören und stinkende Windeln wechseln.
Dazu kommt ein immenses Gefühl der Unsicherheit: Mache ich alles richtig? Was ist, wenn ich etwas tue, was dem Kleinen schadet? Gespräche mit anderen Müttern und Vätern befeuern ihre Unsicherheit. Jeder scheint sein eigenes Konzept dafür zu haben, was für Kinder wichtig ist. Darüber hinaus fühlt sie sich so fest ans Kind gebunden, dass sie es am liebsten nie aus den Augen lassen würde. Die Brüste schmerzen vom Stillen und allein deswegen müsste Kristof doch verstehen, dass Sex hinten ansteht. Auch die ständige Müdigkeit macht ihr zu schaffen. Max will einfach nicht durchschlafen. Tagsüber muss sie ihn ständig beschäftigen, sodass sie gar nicht weiß, wie sie noch nebenbei die Hausarbeit erledigen soll. Wie haben das ihre Eltern und Großeltern bloß geschafft? Wie machen das andere Eltern? Sabine fühlt sich zunehmend minderwertig und auf die Rolle der Mutter reduziert. In einem Streit mit Kristof raunzt sie ihn an: „Probiere du doch mal, einen Haushalt mit Kind zu schmeißen. Du darfst dich beruflich ausleben, während ich nur daheim hocke.“
Verständnis zeigen und den Mittelweg suchen
Die Elternzeit kann überaus belastend sein, da sich beide Partner nun in neuen Rollen wiederfinden. Der eine arbeitet zumeist, wohingegen der andere Zuhause ist. Neid, Unverständnis und Überforderung entwickeln sich oft schleichend. Häufig haben die Beteiligten vorher nicht einmal geahnt, dass diese Gefühle in ihnen entstehen könnten, wenn die Elternzeit beginnt. Es ist daher wichtig, sich vorab intensiv mit sich selbst auseinanderzusetzen. Wer sich selbst kennt, kann sich am besten vor unnötigen und ungerechtfertigten Gefühlen schützen.
Hilfreich ist ferner, sich in die Rolle des anderen hineinzuversetzen.
Um einen Aufstau von negativen Gefühlen zu verhindern, ist ein regelmäßiger Austausch von Gefühlen und Gedanken empfehlenswert. Manchmal hilft es, wenn Vater und Mutter gemeinsam oder unabhängig voneinander in Elternzeit gehen. Doch Vorsicht: Hier lauern neuen Fallstricke, die eine Ehekrise provozieren können. Vielleicht traut der eine dem anderen das Erfüllen der Elternrolle nicht zu. Vielleicht kann sich der eine Elternteil nur schwer vom Kind trennen, wenn es zurück in den Job geht. Auch hier sind wieder Gespräche wichtig, die vor ernsteren Konflikten schützen.
Fazit: Eine klare Definierung der Rollen, also was die exakten Aufgaben sind, die jedem Partner zufallen, ist ein wichtiger Schritt bevor die Eltern sich in die Elternzeit begeben. Ein allabendliches Gespräch über die täglichen Ereignisse und Herausforderungen stellt ebenfalls sicher, dass sich die Eltern in ihren (neuen) Rollen nicht entfremden. Wertschätzung, Verständnis und Toleranz sind die Schlüssel zu einer harmonischen Beziehung, die auch eine Ehekrise in der Elternzeit überwinden oder sogar verhindern kann.
Obiges Konzept "Ehekrise aufgrund der Elternzeit" auch als Infografik. Klicke auf den Lnk oder auf das Bild für einen großen PDF Anblick, und der Möglichkeit die infografik zu drucken. Hier findest Du alle unsere Ehekrise meistern infografiken.
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